Kosten der Scheidung nicht absetzbar

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Kosten einer Scheidung sind nach einem am 18.05.2017 ergangenem Urteil des Bundesfinanzhofs (VI R 9/16) nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung abzugsfähig.

 

 Zu der Frage, ob die Kosten einer Scheidung steuerlich als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden können, hatten wir bereits an anderer Stelle berichtet. Zuletzt war die Rechtsprechung uneinheitlich. In einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 18.05.2017 hat der Bundesfinanzhof (BFH) Klarheit geschaffen und entschieden, dass die Kosten einer Scheidung grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können.

 Das Gericht beruft sich in der Urteilsbegründung in erster Linie auf den zum Veranlagungszeitraum 2013 geänderten Wortlaut des § 33 EStG. Demnach können Prozesskosten nur dann als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige ansonsten Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

 Zunächst stellte der BFH fest, dass es sich auch bei einer Scheidung um einen „Rechtsstreit“ im Sinne der Vorschrift handelt, auch wenn es in der neuen Terminologie der Familiensachen nicht um eine echte Darstellung der Beteiligten als Gegner geht.

 Weiter heißt es in der Begründung, dass ein Ehegatte die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse erbringe. Dabei sei der Begriff „Existenzgrundlage“ rein materiell und nicht etwa ideell im Sinne einer seelischen Existenzgrundlage zu verstehen. Dies entspräche der bisherigen Diktion des Steuerrechts.

 Auch bestehe angesichts der bisherigen Rechtsprechung keine Veranlassung, das Gesetz anders auszulegen. Denn auch in früheren Entscheidungen wurden die Scheidungskosten nicht unter den Tatbestand der Existenzgefährdung subsumiert, sondern – mit unterschiedlichen Begründungen – als eigenständige Fallgruppe einer außergewöhnlichen Belastung anerkannt.
Diese Auslegung wollte der Gesetzgeber aber nach Ansicht des BFH zukünftig vermeiden, und führt diese Auffassung auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zurück. Die ursprünglich vorgesehene Ausnahme für die „unmittelbaren und unvermeidbaren Scheidungskosten“ sei nämlich gerade nicht Gesetz geworden.

 Auch verfassungsrechtlich sei keine andere Auslegung geboten. Steuerfrei zu halten sei das Existenzminimum. Prozesskosten seien hiervon nicht erfasst. Soweit Prozesse zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind, sei dem durch § 33 Abs. 2 S.4 EStG hinreichend Rechnung getragen.

Fazit:
Der BFH hat mit dieser Entscheidung die seit Jahren offene Frage der Abzugsfähigkeit der Kosten einer Scheidung zum Nachteil des Steuerpflichtigen entschieden. Zwar sind noch weitere Verfahren vor dem BFH zu der Frage der Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten anhängig. Da hierüber jedoch ebenfalls der 6. Senat zu befinden hat, werden die Urteile nicht anders ausfallen.

Der Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift, die den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung im Falle einer Existenzgefährdung zulässt, ist im Ergebnis wohl kaum jemals eröffnet. Denkbar wäre allenfalls, dass Gerichtsverfahren über Unterhalt für den Steuerpflichtigen zur Sicherung seiner Existenz erforderlich sind. Dies wird man allerdings nach der restriktiven Linie des Gesetzgebers, die der BFH nun nicht zuletzt in den Entscheidungsgründen weiter verfolgt hat, vermutlich nur dann annehmen können, wenn das Einkommen des Unterhaltsberechtigten ohne den Unterhalt unter dem Existenzminimum läge. Ebenfalls mag man an die Anwendung des § 33 Abs. 2 S.4 EStG denken, wenn die Ehegatten gemeinsam Inhaber eines Unternehmens sind und die Gefahr besteht, dass dieses im Rahmen der Zwistigkeiten in den Ruin getrieben wird. Zu der Auflösung einer solch kritischen Situation kann die Scheidung als solche wenig beitragen; allenfalls die damit verbundene Vermögensauseinandersetzung.

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